Im Interview mit Marc Ramelow

Die hohe Dynamik wird bleiben

Claudia Engel-Hutner, Vorstand der Hutner AG, im Dialog mit Marc Ramelow zum Führen in unsicheren Zeiten. Marc Ramelow ist seit 1996 Geschäftsführer des von seinem Urgroßvater im Jahr 1872 gegründeten Modehauses Gustav Ramelow mit Verkaufshäusern in Elmshorn (Unternehmenszentrale), Stendal, Uelzen, Heide, Buchholz, Wedel und Schenefeld mit rund 400 Mitarbeitern.
Im Interview geht es insbesondere um die Entwicklung der Schlüsselpositionen im Bezug auf Führen in Unsicherheit und dem zentralen Thema der Anpassungsfähigkeit in Zeiten von hoher Dynamik.

Claudia Engel-Hutner: Ihr habt derzeit viele wichtige Projekte, aber gleichzeitig auch die akute Herausforderung mit der Pandemie. Was hat Dich dazu bewogen Deine Führungskräfte mit unserer 6-monatigen Kompetenzlernreise zu unterstützen?

Marc Ramelow: Eines unserer wichtigsten Learnings zu Beginn der Pandemie war, dass wir über neue Kompetenzen für Führungskräfte nachdenken müssen. Dabei haben wir für uns herausgefunden, dass es um Widerstandskraft und Anpassungsfähigkeit geht. Diese beiden Kompetenzen, die wir bis dato nicht in den Fokus genommen hatten, haben wir dann im Sommer letzten Jahres ausgearbeitet. Umso mehr haben wir uns gefreut, als wir von Hutner das Angebot zum Coaching-Programm bekommen haben.
Wir haben gemerkt, dass die Kompetenzen Widerstandsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit für alle im Team gelten – auch für den Chef. Gerade dieser musste neue Dinge meistern und nach Innen gute Laune und Sicherheit verbreiten. Das kann nicht einer alleine, dazu brauchen wir viele. Das war der Hauptgrund, dass wir uns für dieses Konzept entschieden haben. Dieses Konzept mit den vielen Modulen passt genau zu uns und gibt unseren Führungskräften auch die Kraft sich den neuen Gegebenheiten zu stellen.

Claudia Engel-Hutner: Ihr beschäftigt euch schon länger mit Kompetenzen. Daher war auch die Erkenntnis und die Wahrnehmung gegeben, dass es auf bestimmte Kompetenzen in Zeiten von Unsicherheit ankommt.
Es handelt sich bei diesem 6-monatigen Coaching-Programm um eine Kompetenzentwicklungsreise mit dem Ziel, mit der Unsicherheit und Veränderungsdynamik gut umzugehen. Wie empfindest Du als Teilnehmer des Programmes das Zusammenspiel aus Selbststudium, Praxiserfahrung und Online-Coaching?

Marc Ramelow: Für uns hat dieser „Blended Learning“ Ansatz aus verschiedene Ebenen eine ganz starke Wirkung. Auch das war ein Grund, weshalb wir uns dafür entschieden haben. Wir haben, wie viele andere auch, unsere internen Prozesse im letzten Jahr stark digitalisiert. Auch im Austausch mit unseren vielen anderen Standorten mit viel Reisetätigkeiten. Diese Umstellung auf Videokonferenzen, Videos und digitalen Lern-Einheiten war neu. Aber es ist uns sehr wichtig, da wir hiermit eine viel größere Beschleunigung im Veränderungsprozess erreichen können. Also war gerade dieser Ansatz aus Coaching, Videoeinheiten und eigenständigem Lernen ein Grund, dass wir uns dafür entschieden haben.

Ablauf der Kompetenzlernreise Führen unter hohem Druck  mit Hutner:

Claudia Engel-Hutner: Wie hast Du in der ersten Phase der Pandemie die Umstellung in die digitalen Prozesse empfunden? Wie war das in deiner Wahrnehmung für die Menschen?

Marc Ramelow: Wir haben versucht, die Menschen sehr stark zu begleiten. Dabei hat uns unser Intranet sehr geholfen. Wir sehen immer noch, wieviel Aktivität – nicht nur Leseaktivität, sondern auch Mitmachaktivität – darin entsteht. Dies war zudem ein guter Stimmungsmesser, in dem wir erkennen konnten, wie es den Leuten in Kurzarbeit oder Zuhause ergeht. Außerdem haben viele Mitarbeiter neue Lernimpulse sehr dankbar angenommen.

Claudia Engel-Hutner: In Eurem Falle haben wir in der Kompetenzlernreise immer wieder Zwischenstopps eingelegt. Zu den Einzelcoachings, galt es auch die Schlüsselpositionen zusammen zu bringen und Gruppen-Calls zu machen. Warum war Dir das so wichtig? Was heißt dies für die Zusammenarbeit?

Marc Ramelow: Die Idee der Gruppen-Calls geht ganz stark darauf zurück, dass wir voneinander lernen wollen. Lerninhalte sollen nicht nur von außen kommen, sondern auch durch das Know-How jedes Einzelnen. Zudem war die Umsetzung des Gelernten schwieriger, da es durch die lange Lockdown-Zeit nur wenig Praxis-Alltag gab. Wir wollten die Dichte dieses Lernprogramms hochhalten und brauchten daher mehr Impulse untereinander. Ich würde mittlerweile in Zukunft die Zeit-Taktung noch enger machen und noch mehr eigene Lernschritte und Feedbackschleifen einbauen. 4-6 Wochen dazwischen sind oft schon zu lange, um es im Alltag wirklich zu verankern.

Claudia Engel-Hutner: Gibt es noch weitere wichtige Erkenntnisse für Dich? Wenn ja, welche?

Marc Ramelow: Die Idee der verschiedenen Kompetenzen dieses Lernprogrammes hat die Stärken und Schwächen unseres Unternehmens bestätigt und aufgezeigt. Das macht uns nicht nur glücklich: Wir sind zum Beispiel schon gut in der Anpassungsfähigkeit. Wir haben aber auch gemerkt, dass das Führungsteam großen Bedarf an „zielorientiertem Führen“ hat. Und das zeigt sich auch in unserer Dynamik. Wir beschäftigen uns manchmal mit zu vielen neuen Themen. Wie ein Jongleur haben wir manchmal zwei Bälle zu viel in der Luft und einer davon fällt auch mal herunter. Das ist oft nicht schlimm. Lieber es bewegt sich etwas, als dass man auf der Stelle bleibt.  Aber dieser herunterfallende Ball nervt manche. Uns hat man mit dem Programm auch nochmal einen Spiegel vorgehalten, an welchen Dingen wir auch nach dem Programm sicherlich weiter arbeiten werden.

Claudia Engel-Hutner: In diesem Fall das fokussierte und konsequentere Verfolgen der Ziele.

Marc Ramelow: Also dieses Bild mit den Bällen in der Luft haben wir zum Ansatz genommen, um unsere Projekte klarer zu definieren und in einem monatlichen Check zu überprüfen, ob wir voran kommen und in einem drei-monatigen Retro-Termin zu prüfen, ob das so passt. Wir lernen – gerade auch aktuell – dass wir manchmal einen Ball wieder wegnehmen müssen, damit die anderen schön fliegen.

Claudia Engel-Hutner: Marc, du bist sehr vernetzt. Du sprichst mit vielen Unternehmern aus den verschiedensten Branchen über Ihre Themen und Ihre Herausforderungen. Angenommen diese würden Dich fragen, ob das Kompetenzkit Sinn macht und warum, was würdest Du antworten?

Marc Ramelow: Ich würde antworten, es macht total Sinn. Gerade in der jetzigen Zeit ist es extrem wichtig, in seine Mitarbeiter zu investieren. Nicht nur mit Hardfacts, sondern auch direkt an der Kompetenz-Stärkung dieser Menschen. Das Kompetenzkit geht sehr stark auf die Persönlichkeiten ein und darauf, wie jeder arbeitet. Es sind nicht unbedingt Hardfacts, die vermittelt werden. Das halte ich für einen sehr wichtigen Impuls, damit wir mit dieser hohen Dynamik, die wir im Moment managen müssen, umgehen können: „Laden auf, Laden zu, Förderung hin und her“. Ich bin sicher, dass diese Dynamik bleiben wird. Die Themen werden sich ändern, aber wir werden auch nach der Pandemie eine hochdynamische Zeit erleben und da ist es sehr wertvoll in seinen Leuten das Feuer zu wecken, dass man das auch wirklich positiv wahrnimmt und die Mitarbeiter zu stärken, dass sie mit dieser hohen Veränderungsgeschwindigkeit auch gut umgehen können.

Claudia Engel-Hutner: Ja, und, dass es den Menschen gelingt, immer stabil und optimistisch zu bleiben und damit an dem Thema Resilienz ein stückweit zu arbeiten.

Vielen Dank, lieber Marc, für Deine Worte!

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